Auszug aus: Potsdamer Neue Nachrichten vom 13.12.2004

   

Abfallverwertung

Der Italiener Roberto Cipollone in der Galerie Ruhnke

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Unerwartet und doch bekannt scheint das Werk von Roberto Cipollone, dem 1947 in Pescara geborenen Künstler zu sein (...). Cipollone, auch Ciro genannt, liebt das scheinbar Wertlose, das, was andere Menschen nicht beachten, gebrauchte Materialien, Weggeworfenes. Das ist kein Zufall, denn die so genannte "arte povera", die "arme Kunst", entstand in den sechziger und siebziger Jahren in Italien. Diese Strömung ist nicht nur eine Antwort auf die damals aktuelle Armut in dem Land, sondern auch als Gegenentwurf zur gerade dort sehr präsenten Kunst aus Marmor, Bronze und weiteren edlen Materialen zu lesen. In sein Zeit von 1970 bis 1976, als Cipollone in einer Metallfabrik in Holland arbeitete, begann er, alte Schrauben und Eisenteile zu sammeln. In seinen Metallarbeiten gibt er dem angeblich Nichtsnutzigen einen ganz neuen Wert: wenn er zum Beispiel ein Notenblatt aus Nägeln und rostigen Stahlbändern gestaltet. An die Wand gehängt, erhält das Werk so eine ganz neue Vollkommenheit, von Abfall ist nichts mehr zu spüren. Auch wenn er aus Metallriemen und Kugeln die "Zeit der Azteken" kreisförmig wieder auferstehen lässt, entsteht die ästhetische Kraft einer wissenden Naivität. Formgespür und Harmonie prägen all seine Arbeiten, in denen er mit der Tiefendimension und Oberfläche der Materialien spielt.

Da liegen Metallformen scheinbar planlos in einer Sandfläche auf dem Boden, doch bei näherem Hinsehen offenbart sich der künstlerische Plan wie bei einem orientalischen Teppich. Anstelle feiner Fäden und Farben aber eben das: Sand, Metall, Rost, Schrott, in der neuen Kombination zu anmutiger Schönheit kulminierend. Manchmal setzt Ciro leicht ironisch einen neuen Gebrauchswert ein: da werden grobrostige Metallteile zu Buchhaltern oder Kerzenständern.

In seinen Holzbildern spielt der Künstler mit der schartigen hölzernen Oberfläche und fügt vorsichtig Farbe hinzu. So verwandelt er die Kuben, Rechtecke und Kegel zu Innen- und Ortsansichten. Die gelbe Lampe hängt keck über einem "Weinkeller"-Ensemble aus gedrechselten Holzformen. Südlich wirken die Dörfer, Meer, Strand und Sand sind förmlich zu riechen.

Fast sieht man einen Hund schwanzwedelnd um die Ecke streunen. Ahnungn von ewigen Strukturen entstehen, Strukturen humaner GeWohnheiten, ohne dass die Menschen selbst darin vorkommen. Diese wiederum fügt Cipollone durch raue Roststücke in Gruppen hohlköpfig zusammen - ein Schelm, wer Übles dabei denkt.

(Lore Bardens)

 
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